Donnerstag, 16. Juni 2016

Der Bereiter, ein unverstandener Beruf?

Ich will nicht jammern, ganz bestimmt nicht, dazu gibt es keinen Grund, schliesslich habe ich ja den besten Job der Welt! Oder?
In meinem Alltag als Bereiterin erlebe ich immer wieder Situationen die mich zum lachen oder, leider häufiger zum Kopfschütteln bringen. Ein paar Anekdoten dazu möchte ich euch nun schildern, in der Hoffnung, dass meine Kollegen und ich nicht mehr so oft voreilig in eine Ecke gestellt werden.

Bereiter - ist das ein Beruf?
Diese Frage höre ich oft, wenn ich Nicht-Reitern von mir erzähle. Das ist aber auch gar kein Problem, woher sollten sie denn auch wissen, dass das Reiten weder Pferd noch Mensch in den Genen liegt und über eine lange Zeitdauer erlernt werden muss. Nein, die ahnungslosen aber meist sehr positiv interessierten Leute stören mich überhaupt nicht und ich erkläre ihnen gern was ich den ganzen Tag so tue. Was mich aber wirklich trifft ist, wenn andere Reiter das Gefühl haben ich arbeite ja gar nicht, schliesslich ist Reiten ihr Hobby also kann es ja für mich auch nichts anderes sein. Sei es ein Pferdebesitzer der findet ich könne sein Pferd noch einmal zusätzlich reiten, das zahle er aber nicht. Oder Personen die nicht glauben können, dass ich nicht selber für die Miete der verschiedenen Reitplätze aufkommen muss, sondern dies von den Besitzers der Pferde die ich dort reite erledigt wird. Dazu nenne ich gern den Vergleich mit einem Handwerker, der genau so ein Dienstleister ist wie ich es bin und der weder gratis seine Arbeit verrichtet noch sich darum kümmern muss ob ein Kunde seine Wohnungsmiete bezahlt hat wenn er dessen Waschmaschine flickt.

Oh toll, du kannst den ganzen Tag bei den Pferden sein und verdienst auch noch Geld damit!
Das stimmt schon, aber ganz so Wendy-like wie es sich anhört ist das dann doch nicht. Ich kann glücklicherweise inzwischen sagen, dass meine Tage lang und gut ausgefüllt sind. Zwar habe ich keine Bürozeiten und kann es auch meistens so einrichten, dass mein eigenes Pferd auch tagsüber Platz in meinem Plan hat, dafür arbeite ich auch oft wenn andere frei haben, weil dann logischerweise Reitstunden und Kurse gebucht werden. Das gehört zu meinem Beruf dazu und es macht mir auch nichts aus, aber wenn ich dann ab und zu mit grossen Augen angeschaut werde, wenn ich meinen Tagesablauf schildere und das auch ganz klar und deutlich als Arbeiten bezeichne, muss ich doch schon schmunzeln.
Was mich weniger amüsiert sind Preisdiskussionen, die zum Glück selten aber doch hin und wieder vorkommen. Um es vorweg zu nehmen, ich befinde mich mit meinen Stundenansätzen eher im unteren Mittelfeld und genau so oft wie ich höre es sei zu teuer (meistens im Vornherein), wird mir auch gesagt ich sei zu günstig (zum Glück dann im Nachhinein). Dass in dem Betrag, den ich für eine Reitstunde oder einen Beritt verlange auch meine gesamten Materialkosten, die Fahrtzeit (fürs Benzin nehme ich das minimum an Spesen), Versicherungen und je nach dem noch Vor- und Nachbereitungen enthalten sind entgeht leider vielen. Nicht jeder ist ein Grossverdiener und kann sich jede Woche zwei Reitstunden leisten, das ist mir klar, denn es geht mir selber auch so und gerade darum lasse ich mich nicht auf Handelsversuche ein sondern mache lieber nur alle zwei Wochen einen Termin ab.
Wie die meisten Selbständigerwerbenden muss auch ich mir meine Existenz nach und nach aufbauen, das ist manchmal ganz schön hart, zumal auch kein grosser Reichtum dabei herausschaut. Und auch wenn es gut läuft darf man sich nicht ausruhen, denn das kann sich sehr schnell wieder ändern. Pferde werden verkauft oder verletzen sich, Reiter investieren ihr Geld zeitweise lieber anders als in Reitstunden und schon fällt eine Einnahmequelle weg.
Nichtsdestotrotz würde ich momentan nichts anderes tun wollen, ich liebe meine Freiheit und die Arbeit mit den Pferden und ihren Menschen. Dazu passend der nächste Abschnitt:

Berufsreiter sind alles Pferdequäler!
Schon oft in diesem Sinn in Internetforen gelesen und immer wieder verständnislos den Kopf geschüttelt. Natürlich gibt es schwarze Schafe in unserer Branche, wie es sie überall gibt, aber die meisten meiner Kollegen üben ihre Arbeit genau wie ich aus Leidenschaft und Freude am Pferd aus. Wieso auch sonst, reich werden tun ja nur die wenigsten damit.

Da weder Reitlehrer noch Bereiter geschützte Berufsbezeichnungen kann sich jeder so bezeichnen und Dienstleistungen rund ums Pferd anbieten. Dagegen spricht prinzipiell ja gar nichts, wenn die Person wirklich das Fachwissen und die Kompetenz dazu hat. Ob und welche Ausbildung meine Reitlehrer haben weiss ich selber auch nicht, interessiert mich auch nicht, weil sie gut sind. Aber viele, gerade unerfahrene Neu-Pferdebesitzer können nicht einschätzen ob das was ihnen, teilweise auch zu horrenden Preisen erzählt wird auch wirklich Hand und Fuss hat.
Ich erwähne es nun bewusst noch ein zweites Mal, ich habe nichts gegen seriöse Quereinsteiger und ich bin mir bewusst, dass es sehr unseriöse Berufsleute gibt. Trotzdem finde ich es nicht richtig alle in einen Topf zu werfen und uns Gelernte als grob und gleichgültig abzustempeln. Bei meiner Arbeit ist es mir sehr wichtig zu jedem Pferd eine Beziehung aufzubauen, bei den einen geht das leichter, bei anderen weniger. Manchmal benötigt man eine gewisse Konsequenz aber ich glaube daran, dass durch Fairness und Vertrauen zwischen Bereiter/Reitlehrer, Pferd und Besitzer die beste Zusammenarbeit entsteht.
In diesem Sinne freue ich mich nun über die Pferde und Reitschüler die mich so treu begleiten und danke ihnen von Herzen für ihr Vertrauen!

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